Thema: Gebrauchte Reisemobile
Laut Kraftfahrt-Bundesamt stehen in Deutschland im Segment „Wohnmobile“ den derzeit rund 70.000 Neuzulassungen etwas mehr als 90.000 Besitzumschreibungen gegenüber. Grund genug, sich auch diesem Thema zu widmen. Dabei soll hier das Augenmerk vorwiegend auf Mobile mit eigenem Aufbau gelenkt sein. Kastenwagen mit originaler Karosserie des Fahrzeugherstellers sind mit Ausnahme von Hoch- oder Aufstelldächern nur indirekt betroffen.
1. Die Basis
Ein Reisemobil hat wie jedes Kraftfahrzeug technische Komponenten, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Wer selbst keine technische Kfz-Beurteilung vornehmen kann oder ihm dazu ein Grube oder geeignete Hebebühne fehlt, ist gut beraten, das Objekt der Begierde durch eine Prüforganisation wie TÜV, DEKRA oder GTÜ begutachten zu lassen. Die Kosten dafür sind mit +/- 100,- Euro überschaubar, der Erkenntnisgewinn betreffend Zustand des Chassis, Lenkspiels, Bremsen oder Rostbefall und Verschleiß aber durchaus wertvoll.
Im Rahmen dieser Tipps lässt sich keine verbindliche Aussage treffen, welches Alter oder welchen Kilometerstand ein gebrauchtes Reisemobil haben sollte. Letztlich wird diese Frage auch maßgeblich vom Preis (und damit von der eigenen Investitionsbereitschaft) bestimmt.
In dem Zusammenhang kann die Frage der Emissionseinstufung bedeutsam sein. Viele Städte, und damit auch viele attraktive Reisemobilstellplätze, liegen in "grünen" Umweltzonen, die Sie mit älteren Mobilen mit gelber oder roter Plakette nicht ansteuern dürfen. Ob eine Nachrüstung möglich und wenn ja wirtschaftlich vertretbar ist, sollten Sie prüfen, bevor Sie sich ernsthaft mit dem Kauf beschäftigen.
Verzichten sollten Interessenten auf keinen Fall auf eine Probefahrt. Denn später wollen sie mit dem Fahrzeug reisen. Auch hier ist die Anwesenheit eines technisch versierten Bekannten hilfreich.
2. Die Wohnung
2.1 Dicht oder undicht?
Natürlich spielt der Aufbau, also das mobile Heim, die zentrale Rolle. Hierfür gilt zunächst alles, was schon in anderen Kapiteln beschrieben wurde, wie Personenzahl, Reiseziele, Reisegewohnheiten, Ganzjahres- oder Saisonbetrieb.
Der Begriff Bauchgefühl ist zwar etwas schwammig, trifft aber hierbei auch zu. Wie wirkt die Einrichtung beim ersten „Beschnuppern“ des Gebrauchten. Wobei der Begriff Beschnuppern durchaus eine eigene Bedeutung hat. Ein „müffelnder“ Innenraum kann auf lange Nichtbenutzung hindeuten, aber auch Zeichen für feuchte Stellen sein.
Risiko und Alptraum des Gebrauchtmobilkäufers ist ein undichter Aufbau. Einfach zu beurteilen, wenn Wasserflecken an den Innenverkleidungen, um Fenster oder Dachluken erkennbar sind. Problematisch hingegen, wenn Nässe sich in Wänden, Bodengruppe oder Dach versteckt. Ältere Reisemobile mit Holzgerippe und Styropor-(EPS)Isolierung tragen deshalb manchmal das Prädikat „Torfbude“, weil Teile der Aufbauhülle schlichtweg vermodert sind.
Neuralgische Punkte für eine Leckage sind alle witterungsausgesetzten Verbindungsnähte, also Dach/Wand/Boden ebenso wie Fahrerhaus/Aufbau (bei Teilintegrierten und Alkoven), und der Unterboden einschließlich seiner Durchführungen (Abwasser, Heizung, Gaskasten, Chassisbefestigungen). Rissige, spröde oder abblätternde Dichtmassen an diesen Stellen sollten zur Vorsicht mahnen.
Da die Holzunterböden bei älteren Fahrzeugen sehr häufig vertreten sind, gilt das auch für die gesamte Unterseite des Reisemobils in Bezug auf Steinschlag oder Tausalzeinwirkung.
Welchen Weg sich Wasser sucht, lässt sich von außen leider nicht zuverlässig erkennen. Eine Prüfung mit geeigneten Feuchtigkeitsmessgeräten ist deshalb sinnvoll, wenn man sich mit einem solchen Gerät auskennt.
Beachtenswerte Stellen für diese Prüfung sind die Hängeschränke in Dachnähe, die Sitztruhen, der Bereich um den Einstieg, Fenster, Dachluken, Zwangsbelüftungen (auch des Kühlschranks). Ebenso die Bodengruppe in einer Garage oder jeder andere von außen zugängliche Stauraum.
2.2 Die Haustechnik
Ihr Wunschmobil hat technische Komponenten, die funktionieren müssen. Ob sie das tun, können Sie nur durch Probe herausfinden.
Also Heizung, Kocher/Backofen, Wasserpumpe, Wasserhähne, Toilettenspülung, Beleuchtung, Kühlschrank sind auf Funktionsfähigkeit zu prüfen. Kein Gas dafür da? Das ist schlecht. Wasser lässt sich einfüllen. Und ein am Vortag eingeschalteter Kühlschrank – Sie haben ja Ihren Termin verabredet – lässt sich prüfen, wie auch sein Anspringen im Gasbetrieb.
Fenster und Dachluken, Aufsteller und Verriegelungsmechanik. Klappen-, Schrank- und Türscharniere. Schließt die Aufbautür plan mit der Seitenwand oder steht sie ab?
2.3 Die Hülle
Die Außenhaut besteht ja meist aus Aluminium oder glasfaserverstärktem Kunststoff (GfK). Dass ein Reisemobil mit den Jahren nicht mehr taufrisch aussehen kann, ist naheliegend. Aber hat es Beulen, tiefe Kratzer, Ausblühungen im Lack? Machen Sie sich die Mühe, auch das Dach hierauf zu untersuchen (Leiter). Auf die Prüfung des Unterbodens wurde schon hingewiesen.
2.4 Wohnen und schlafen
Polster und Matratzen lassen sich notfalls ersetzen, manchmal genügen auch neue Überzüge (Reißverschlüsse vorhanden?). Schauen Sie auch unter die Matratzen und auf die Lattenroste. Durchgedrückte Sitzpolster (Kuhlen) sind unangenehm, in Matratzen sind sie einem erholsamen Schlaf äußerst abträglich. Lassen sich Tischplatten verstellen, ist ein Umbau Sitzgruppe/Bett problemlos möglich, entsprechende Einlegepolster vorhanden? Auch Vorhänge/Gardinen sind ersetzbar. Ihre Schienen sollten aber intakt sein.
3. Der Papierkram
Jedes Fahrzeug hat eine Historie. Je lückenloser diese belegt ist, desto mehr Sicherheit für die neuen Besitzer.
Insbesondere gehören dazu
- die Betriebsanleitungen für Fahrzeug und Einbaukomponenten
- der Wartungsnachweis des Fahrzeuges, einschließlich der vorgeschriebenen Zahnriemenwechsel
- die Protokolle der TÜV-Abnahmen
- die Dichtheitsprüfungen zumindest in der Zeit einer hierfür gültigen Garantie des Reisemobilherstellers
- die Bescheinigungen über Gasdruckprüfungen (das sogenannte „gelbe Heft“)
- eventueller Nachweis über instandgesetzte Unfallschäden
4. Das Rechtliche
Generell muss unterschieden werden, ob Sie von einem privaten Verkäufer oder von einem Händler kaufen.
Den Unterschied machen folgende Textauszüge klar:
Bei Verkäufen von privat an privat wird die Mängelhaftung des Verkäufers häufig durch Klauseln wie "unter Ausschluss jeder Gewährleistung" ausgeschlossen – das Fahrzeug wird also "wie gesehen" erworben. Ein solcher Haftungssausschluss gilt indes nicht für Mängel, die der Verkäufer dem Käufer arglistig verschwiegen oder hinsichtlich solcher Eigenschaften, für die der Verkäufer dem Käufer eine Garantie gegeben hat. Dies betrifft auch die Zusicherung, das Fahrzeug sei mangelfrei. Ein arglistiges Verschweigen liegt vor, wenn der Verkäufer den Mangel des Wagens kennt oder zumindest mit dessen Vorhandensein rechnet und wenn er darüber hinaus davon ausgeht, dass der Käufer bei Kenntnis des Mangels den Vertrag nicht abschlösse. In der Praxis kommt dies häufig beim Verschweigen von Unfallschäden vor. Hier ist zu beachten, dass der Verkäufer den Käufer unaufgefordert von Vorschäden in Kenntnis zu setzen hat. Bei einer Vereinbarung "gekauft wie besichtigt" sind lediglich offensichtliche Mängel von der Haftung ausgeschlossen, versteckte Mängel jedoch nicht.
Bei einem privaten Verkäufer kann der Käufer im Falle eines unwirksamen Haftungsausschlusses den Vertrag anfechten und das Fahrzeug zurückgeben oder aber die Beseitigung des Mangels verlangen wenn dies nicht mit unverhältnismäßigen Kosten für den Verkäufer verbunden ist. Der Käufer kann auch vom Vertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder die Reparatur zu Lasten des Verkäufers durchführen lassen. Der Käufer ist dafür beweispflichtig, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag.
Bei gewerblichen Händlern hat es der Käufer einfacher:
Haftet der Verkäufer nach dem Gesetz, hat er Sachmängel unentgeltlich zu beheben. Ihm sind zwei Versuche zuzubilligen, den Schaden selbst zu beseitigen bzw. beseitigen zu lassen - danach kann der Käufer, i.d.R. nach fruchtlosem Ablauf einer von ihm gesetzten Frist, mindern oder vom Vertrag zurücktreten. Hat der Verkäufer dem Käufer gegenüber darüber hinaus eine Sachmängelgarantie ausgesprochen, sichert er die fehlerfreie Funktion bestimmter Bauteile zu und gibt dem Käufer einen Nachbesserungsanspruch, i.a. jedoch kein Recht zur Minderung des Kaufpreises oder zur Rückgabe. Wichtig ist, dass der Verkäufer zuerst zur Reparatur aufgefordert werden muss. Vorher sind weitere Schritte nicht möglich. Für die Dauer der Reparatur hat der Käufer Anspruch auf ein vergleichbares Ersatzfahrzeug auf Kosten des Verkäufers.
Hinsichtlich der Reklamation von Mängeln wurde die Beweislast im Verhältnis Händler - Verbraucher geändert. Danach ist es Sache des Händlers zu beweisen, dass innerhalb der ersten sechs Monate beanstandete Mängel bei Verkauf nicht vorhanden waren bzw. der Kunde den Schaden zu vertreten hat. Nach Ablauf der sechs Monate wird der Käufer beweispflichtig.
Nun sind Recht haben und Recht bekommen bekanntlich zweierlei. Beim Kauf und besonders bei der Übernahme eines gebrauchten Reisemobils ist deshalb die Dokumentation sowohl in Schriftform wie durch Foto/Video (Achtung Verkäufer sollte mit aufs Bild und damit einverstanden sein) sehr hilfreich.
Welche Eigenschaften sichert der Verkäufer zu. Welche Schäden/Mängel benennt er? Das kann eine große Rolle spielen. Beratungsgespräche und Verkaufsverhandlungen sollten daher immer in Gegenwart eines oder mehrerer Zeugen geführt werden, die gut zuhören.