Ein Reisebericht von Kalle Meyer (Text & Fotos) sowie Anne Büürma (Fotos)

Teil I

Die Anreise nach Portugal…(Coimbrao/Atlantik bis Fatima)

 

Stets die gleichen Ziele anzufahren, ist bekanntlich nicht so unser Ding. Ganz im Gegenteil, wir (Anne & Kalle) lieben es Neues für uns zu entdecken und so soll es, nun da wir gegen das Corona-Virus längst geimpft sind, auch bei dieser Reise sein. Wir haben uns verschiedene Regionen in Portugal ausgesucht. Alles, nur keine ausgetretenen Wege. Wir erhoffen uns viele neue Herausforderungen, neue Eindrücke und nicht zu vergessen auch noch ein paar schöne Sonnentage.

Ganz gegen unsere sonstigen Gewohnheiten werden wir hauptsächlich Autobahnen nutzen. Das ist der großen Entfernung zu unserem Wunschland geschuldet. Dafür haben wir uns eine BIP&GO Box aus Frankreich beschafft. Sie registriert die zu zahlende Maut und rechnet online mit uns mtl. ab. An den Mautstellen entfällt der lästige Stopp. Diese Box funktioniert sowohl in Frankreich wie auf der ganzen Iberischen Halbinsel, als auch in Italien.

Ein erstes Tagesziel wurde Mutigny in Frankreich. Ein Stellplatz, einsam, aber mit aller Versorgung, erwartete uns. Viel Regen hat uns auf dieser langen Etappe begleitet. Den größten Teil der folgenden Tage durften wir auf der Autobahn verbringen. Mautpflichtig, aber in einem Superzustand. Das kennen wir in Deutschland so schon lange nicht mehr. Herausragend war u. a. der Stellplatz in Lizant in der Nähe von Civray. Ganze 4 €, einschließlich Wasser und Strom und Entsorgung, dazu eine traumhafte Lage. Was will der Mensch mehr?

Nach, gefühlt hunderten von überholten LKW, sind wir in Spanien angekommen. Unser Durchflussmesser für das Frischwasser war defekt. Keine Anzeige. Für den gewieften Womofahrer eigentlich kein Problem, hätte man doch nur einen Lötkolben. Dem konnte in einem Shopping-Center abgeholfen werden. Nun funktioniert wieder die Anzeige des genauen Wasserstandes und der Chronist hält sich für den Größten.

Ziel eines weiteren Reisetages wurde der Campingplatz Cubillas im fast gleichnamigen Ort Cubillas de Santa Marta, in der Nähe von Valladolid. Endlich haben wir die Sonne eingeholt. Deutlich über 20° Celsius und wir konnten erstmalig auf dieser Reise in der warmen Sonne relaxen und faul sein. Das ist unvergleichlich!

Es ist ein gutes Gefühl, das erste große Ziel Coimbrao in Portugal erreicht zu haben. Einige tausend Kilometer auf der Autobahn liegen hinter uns. Teilweise waren es sehr gute Straßen, doch auch manche Rumpelpiste musste bewältigt werden. Erreicht haben wir auch den kleinen, ruhigen Campingplatz in Coimbrao. Ein freundlicher Empfang und eine kompetente Einweisung in die Gegebenheiten folgten. So möchte man empfangen werden. Was jetzt folgte, sind Tage des gelassenen Faulenzens und die Erkundung von Ort und Umgebung. Ach ja, den Atlantik wollen wir auch sehen, sind ja nur ca. 6 Kilometer von hier…

Nach einer ersten, kleinen Erkundung des Ortes musste auch der Vorrat an Lebensmitteln ergänzt werden. Wir fanden einen kleinen Einkaufsladen, der vom Ambiente her ein bisschen wie aus einem anderen Jahrhundert zu sein schien. Ebenso das Verkaufspersonal. Es herrschte drangvolle Enge, ob der vielen Waren, die auch in der letzten hinteren Ecke noch gestapelt wurden. Doch oh Wunder, Annes Bedarf konnte befriedigt werden und der Laden verfügt über ein beachtliches Weindepot. Ausschließlich Kartonwein zum Zapfen, aber das kennen wir ja aus Süd-West Europa.

Mit den Fahrrädern ging es Richtung Strand. Er ist ca. 5 Kilometer entfernt, für uns natürlich keine besondere Anstrengung, dank der E-Bikes. Fast schon winterliche Ruhe empfing uns. Einige Touristen bevölkerten die Lokale, Surfer machten den Atlantik unsicher und jugendliche Sportgruppen trainierten auf dem riesigen Strandareal. Wir sind die Uferpromenade entlang geschlendert und haben dem Treiben einfach nur zugesehen.

In Monte Redondo, knapp 5 Kilometer entfernt, gab es einen großen, modernen Supermarkt. Gemessen an den „Tante-Emma-Läden“ in Coimbrao fast schon ein Einkaufsparadies. Auf unserer Fahrt sind wir auch an der örtlichen Kirche vorbeigekommen. Die Tür stand auf und neugierig haben wir einen Blick hinein riskiert. Nicht immer sind diese Gebäude geöffnet, deshalb haben wir die Chance genutzt. Das Beten ist ja nicht so unser Ding, aber einen Blick hineinwagen wir schon gerne, sagt er doch manchmal etwas über die Einwohner aus.

Coimbrao ist nichts für tourismusbegeisterte Zeitgenossen, vielmehr ist es ein Ort der Entschleunigung. Er gehört in den portugiesischen Kreis Leiria und es leben hier gerade mal rund 1.700 Menschen. Man ist sprichwörtlich mitten unter den Einheimischen. Nicht jeder kommt damit zurecht, uns gefällt es. Der familiär geführte Campingplatz befindet sich im Zentrum des Ortes. Wer will, kann jederzeit den Pool nutzen. Die sehr gepflegten, modernen Duschen und Toiletten befinden sich in einem hervorragenden Pflegezustand. Neben den zwei „Tante-Emma-Läden“, in denen doch fast alles Lebensnotwendige zu finden ist, gibt es eine Apotheke sowie zwei Bars und zwei Friseurgeschäfte. Der restliche Bedarf ist entweder nicht wirklich nötig oder in einem der Nachbarorte zu befriedigen.

Der wunderschöne Binnensee Lagoa do Evedeira wurde ein Ziel für eine Fahrradtour. Es ist ein Naturschutzgebiet, das auch der Bevölkerung auf den exzellenten Wegen, die als eine Art Steg ausgebaut sind, zur Verfügung steht. So wird Naturschutz im Einklang mit den Menschen ermöglicht. Am Ende des langen Steges befindet sich eine Tierbeobachtungshütte. Sie ist offensichtlich für viele Menschen ein Ziel. Der See ist zum Baden freigegeben. Kleine Strände laden zum Verweilen ein. Weiter ging die Fahrt in Richtung Atlantik.

In Praia do Pedrogao wollten wir erstmalig auch die Füße ins Meer tauchen. Das Wasser empfanden wir als erstaunlich warm. Na ja, der Sommer ist ja auch noch nicht so weit weg.

Leiria ist die Hauptstadt des Distrikts Leiria im historischen Gebiet Beira Litoral. Mit unserem Motorroller sind wir die etwa 25 Kilometer dorthin gefahren. Hauptsächlich interessierte uns das „Castelo de Leiria“. Es stammt aus dem Mittelalter, wurde aber leider zerstört. In der heutigen Zeit ist das „Castelo de Leiria“ für Besucher sehr gut zugänglich. Man gibt sich große Mühe, das Castelo zu erhalten und alle Wege neu und sicher zu gestalten. Die Besichtigung wird daher zu einem Erlebnis, thront es doch hoch über der Stadt Leiria. Tiefer, unterhalb des Castelos, befindet sich die Altstadt. Sie ist es ebenso Wert besucht zu werden, kann jedoch nicht mit dem „Castelo de Leiria“ konkurrieren.

Auch die profanen Dinge des Lebens harren auf Erledigung. Das sind Dinge wie Versorgung mit Frischwasser, Entsorgung von Brauchwasser, ja und auch die tägliche Entsorgung der Kassetten-Toilette ist jedem Wohnmobilfahrer nur zu bekannt. Einfach nur in den Wäscheschrank greifen und fündig werden ist eine tolle Sache. Irgendwann ist damit Schluss, Schrank leer. Um das zu verhindern, legte Anne ihren berühmten Waschtag ein. Ein besonderer Komfort auf dem Campingplatz Coimbrao ist es, dass die Waschmaschinen vom Personal bedient werden. Das sichert einen pfleglichen Umgang mit den Maschinen zu. Getrocknet wird die Wäsche an der frischen Luft in der Sonne.

Die Stunden des schwindenden Tages haben wir gerne am Atlantik erlebt. Ein Spaziergang auf der Promenade mit weitem Blick über das Meer und die endlosen Strände, begleitet vom Donnern der Brandung. Dann die Sonne, die unaufhaltsam sich dem Horizont nähert, der verführerische Duft von gegrilltem frischem Fisch, was kann es schöneres geben. In einem der Strandlokale haben wir die goldene Stunde des Sonnenuntergangs bei einem Glas Wein erwartet. Danach servierte man die inzwischen bestellte gegrillt Dorade. Alle kindlichen Klischees von solchen Abendenden wurden erfüllt.

Parallel am Atlantik entlang ging es, ein paar Tage später, mit unserem Roller. Erst auf dieser Fahrt ist uns die Dimension der Strände an der Atlantikküste so richtig bewusst geworden. Völlig unberührte Strände soweit das Auge reicht und alle menschenleer, kilometerlang. In Praia de Vieira dann wieder eine Strandpromenade mit touristischen Einrichtungen. Ausländische Touristen haben wir kaum getroffen, meistens sind es die Portugiesen selbst, die hier ihre freien Tage genießen.

Auf den portugiesischen Autobahnen geht es recht ruhig zu. Gut ausgebaute Strecken mit sehr wenigen Autos darauf. Da macht es sogar uns Spaß, die Autobahn zu nutzen.

Ein weiteres Ziel unserer Reise wurde die Stadt Peniche, die von drei Seiten vom Atlantik umgeben ist. Die kleinen Gassen der Altstadt sind deutlich als eine Art Fußgängerzone besonders gepflastert. Zahlreiche kleine Geschäfte für den täglichen Bedarf sowie einige nette Boutiquen sind hier zu finden. Das gesamte Ambiente reißt nicht vom Hocker, ist aber insgesamt nett anzuschauen. Am Rande der Altstadt dominieren die Feinkosthändler, Lidl und Aldi das Geschehen. Wir sind an der alten Stadtmauer entlang flaniert und haben den kleinen Stadtpark genossen.

Dann kam es dran, unser Wohnmobil. Wir haben uns in Peniche für einen ganz normalen Stellplatz entschieden, d. h. so ganz normal ist er dann doch nicht. Er verfügt über einen wunderbaren Wohnmobil-Waschplatz, sogar mit einem Treppengerüst zur Pflege des Wohnmobils von oben. Von der langen Anreise wirkte unser Gespann wie ein Expeditionsmobil. Mancher Regenschauer und zäher Straßendreck hafteten beharrlich auf der sonst weißen Außenhaut. Mit Hochdruckreiniger, viel Schmierseife und Muskelkraft erstrahlt unsere Wohnstatt jetzt wieder im alten Glanz.

Vor ein paar Tagen ist Anne mit ihrem Fahrrad unglücklich gestürzt. Anfänglich ergaben sich daraus keine gravierenden Probleme. Schmerzen im Bereich der Rippen nahmen aber stetig zu. Anne musste das Hospital in Peniche wegen einer Diagnose aufsuchen. Leider durfte der Chronist sie nicht ins Krankenhaus begleiten. Hier herrschen sehr strenge Corona-Bestimmungen. Nach den Röntgen-Bildern wurden Rippenbrüche diagnostiziert. Mit einem Krankentransportwagen ging es zur weiteren Behandlung in das rund 35 Kilometer entfernte Calda da Rainha ins dortige Krankenhaus. Ein Orthopäde sollte sich die Sache nochmals genauer anschauen. Hier bestätigte sich die Diagnose mit der Aussage, es seien sogar vier Rippen gebrochen. Sicherheitshalber wurde von den Ärzten noch eine Computertomografie angeordnet. Man ist sehr gründlich, das kann kein Nachteil sein. In den Abendstunden wurde Anne wieder beim Wohnmobil in Peniche angeliefert. Eine Odyssee durch zwei Krankenhäuser fand dann doch noch ein gutes Ende. Ein Lob gilt den portugiesischen Krankenhäusern und ihrem steht’s sehr freundlichem Personal. Gründlich wurde Anne durchgecheckt, die Schmerzen genommen und sie wurde mit Medikamenten versorgt. Die Rippenbrüche müssen nun wieder heilen, das braucht seine Zeit. Viele andere Menschen kennen das ja leider auch. Anne zumindest ist indessen weitgehend schmerzfrei auf einem guten Weg.

Gar nicht weit von unserem Stellplatz entfernt kann man die beeindruckende Felsenküste der Halbinsel Peniche bestaunen. Gemeinsam konnten wir einen langen Spaziergang am Atlantik machen und die bizarren Felsformationen bestaunen.

Unsere Reise durch einige Regionen von Portugal sollte fortgesetzt werden. Ein Zwischenziel wurde der Wallfahrtsort Fatima. Es ist der viertgrößte Wallfahrtsort der katholischen Welt. So einiges haben wir davon schon gehört und wollten alles gerne mal mit dem französischen Wallfahrtsort Lourdes, in dem wir vor Jahren auch einmal zu Gast waren, vergleichen. Die eigentliche Wallfahrtskirche ist eher klein geraten, die Außenanlagen jedoch sind gigantisch. Sie sind wohl für hunderttausende von Gläubigen konzipiert. Uns schien es noch größer als in Lourdes zu sein. Da wir Atheisten nur als neugierige Touristen vor Ort waren, haben wir uns auch stark zurückgehalten. Das gilt besonders für die Fotodokumentation. Nur sehr zufällig ist einmal ein Gläubiger mit dem Gesicht abgelichtet. Erstaunlich für uns ist der tiefe Glaube einiger Pilger. Auf den Knien kriechen Menschen betend über die große Freifläche zur Kirche. Wir verstehen es nicht, haben aber großen Respekt vor dem Glauben anderer.

Ende Teil I