Wann ist ein Fahrzeug wirklich neu?
Der BGH entschied am 15. Oktober 2003 zum Aktenzeichen VIII ZR 227/02, dass ein Pkw nach einer Standzeit von 19 Monaten nicht mehr als fabrikneu angesehen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Senates sei ein unbenutztes Kraftfahrzeug fabrikneu, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird und wenn es keine durch eine längere Standzeit bedingten Mängel aufweise.
Der BGH präzisierte die Rechtsprechung nunmehr dahingehend, dass ein unbenutztes Kraftfahrzeug regelmäßig noch fabrikneu ist, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird und wenn es keine durch eine längere Standzeit bedingte Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des Fahrzeuges und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate liegen. Das Gericht schließt sich der Meinung an, dass nach der Verkehrsanschauung die Lagerdauer für die Wertschätzung eines Kraftfahrzeuges von wesentlicher Bedeutung sei. Eine lange Standdauer ist für einen Neuwagenkäufer ein Wert mindernder Faktor. Jedes Kraftfahrzeug unterliege auch dann einem Alterungsprozess, wenn es nicht benutzt werde, sondern einfach nur stehe. Im Regelfall sei deshalb davon auszugehen, dass eine Lagerzeit von mehr als 12 Monaten die Fabrikneuheit eines Fahrzeuges beseitige.
Entsprechendes wurde kürzlich auch für Gebrauchtwagen entschieden, so vom Oberlandesgericht Karlsruhe am 26. Mai 2004 zum Aktenzeichen – 1 U 10/04 – (Landgericht Heidelberg, Az. – 2 O 370/03 – und auch von dem Amtsgericht Lichtenfels, Az. 1 C 784/03, hier 27 Monate zwischen Herstellung und Erstzulassung, übrigens von mir erstritten).
Danach müssen also auch die Gebrauchtwagenverkäufer Hinweise geben, wenn das Produktionsdatum und das Datum der Erstzulassung deutlich mehr als 12 Monate auseinanderfallen. Ein Gebrauchtwagen mit einer Erstzulassung 12/2001 und einem Produktionsdatum 11/1999 ist also auch im Folgegeschäft mangelhaft, wenn nicht darauf hingewiesen wird.
Das Produktionsdatum kann man übrigens an vielen Dingen erkennen, wenn man etwas eingedacht ist:
- im Fahrzeugbrief steht zeitnah zur Produktion das Datum des Kfz-Briefes, der im Zuge der Produktion vom Hersteller angefordert und erstellt wird
- in den Scheiben stehen Ziffern, z.B. ....3, bedeutet 1993 oder 2003 usw.,
- der DOT-Nummer der Reifen kann man entnehmen, wann diese hergestellt wurden, z.B. DOT 1203 würde bedeuten, 12. Woche in 2003,
- Die Fahrgestellnummer gibt Hinweise auf das Produktionsdatum, wenn man die Entschlüsselung kennt. Jede Fachwerkstatt kann helfen.
Die Händler versuchen, dieses Problem zu umschiffen, indem sie Fahrzeuge als „Lagerware“, oder „Ausstellungsfahrzeuge“ verkaufen. Dennoch wird man davon ausgehen müssen, dass bei einem Neufahrzeug keine längere Lagerung als 12 Monate seit der Herstellung vorlag oder das Fahrzeug länger als 12 Monate in der Ausstellung stand. Vollkommen klar ist aber, dass mit solchen zusätzlichen Beschaffenheitsangaben, und darum handelt es sich schließlich, die Erfolgsaussichten schwinden, weil man bei diesen Zusatzangaben geradezu veranlasst ist, nachzufragen, wann den das Fahrzeug produziert worden und wie alt es eigentlich ist. Man gerät somit in die Situation, dass man einen Mangel womöglich hätte erkennen können, wenn man nur gehörig nachgefragt hätte.
Schreibt der Verkäufer gar in den Vertrag hinein „Vorjahresmodell“, so besteht sicher gar kein Anspruch auf Minderung, da durch die Beschreibung klargestellt ist, dass es sich gerade nicht mehr um die aktuelle Version handelt.