Stellenwert der Kabeltrommel als Betriebsmittel eines Wohn-/Reisemobils?
von Reinhold Stalgies
Der elektrische Anschluss eines Wohn-/Reisemobils, ist bei der heutigen Ausrüstung der Fahrzeuge mit elektrischen/elektronischen Geräten/Bauteilen, kaum noch verzichtbar. Umso wichtiger scheint es, diesem Thema etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Bevor ein Fahrzeug mit einem 230V-Netz verbunden wird, sollte jeder sich die Frage nach der benötigten Anschlussleistung beantworten und prüfen, ob sein Verbindungskabel über die erforderlichen Voraussetzungen gemäß der geltenden Normen verfügt. Dazu werden die Leistungsangaben (Watt) aller im Fahrzeug betriebenen elektrischen Geräte ermittelt und addiert.
Das sind zum Beispiel (die Angaben in Watt sind je nach Fabrikat unterschiedlich):
Kühlschrank | 200 Watt |
Heizung | 1000-3000 Watt |
Warmwasserboiler | 1000 Watt |
Beleuchtung | 100 Watt |
Fernseher/SAT | 120 Watt |
Ladegerät | 120 Watt |
Kaffeemaschine | 200 Watt |
Haarfön | 1000 Watt |
Sonstige | 200 Watt |
Gesamt | 3940 Watt |
Das Anschlusskabel muss also im Schnitt für den Transport von ca. 3000 Watt (13 A) ausgelegt sein. Auf die Darstellung der Berechnungsformeln wird an dieser Stelle verzichtet, Fachleute können es aber jederzeit nachrechnen. Die Berechnungen erfolgen für die Kabellänge von 25m. Der berechnete Leitungs-Querschnitt für die weiter oben festgestellte Anschlussleistung beträgt 1,45mm². Der dazu passende handelsübliche Leitungsquerschnitt ist zwar 1,5mm² jedoch verlangt die Norm, DIN VDE 0100-721, für den Anschluss von Camping-Wohnwagen und Motor-Camping-Fahrzeugen 2,5mm². Dies gilt für einen Bemessungsstrom von bis zu 16 A.
Aber Vorsicht!
Die Berechnung gilt nur für eine komplett abgewickelte Kabeltrommel. Nur ein abgewickeltes Kabel kann die, durch den Transport des Strom’s, entstehende Wärme in der Kupferleitung an die Umgebungsluft abgeben.
Bleibt dagegen das Kabel weitgehend auf der Kabeltrommel, wird der Abtransport der Wärme aus der Kupferleitung, durch das aufgewickelte Kabel praktisch blockiert. Die Folge ist, je nach durchfließender Stromstärke, ein Wärmestau in den weiter unten liegenden Kabelwindungen, der zum Schmelzen der Kabelisolierung führen kann. Im ungünstigsten Fall kann das einen Brand der kompletten Kabeltrommel auslösen. Beobachtete Regel ist: Kabeltrommeln werden zum Schutz vor Feuchtigkeit (Regen/Schnee) unter dem Fahrzeug abgestellt. Jeder kann sich leicht ausmalen, was eine brennende Kabeltrommel hier auslösen kann.
Hersteller von Kabeltrommeln geben zur Anwendung ihrer Produkte folgende Anwendungs-Richtlinien vor:
Leitungsquerschnitt 1,5mm² (nicht Norm-gerecht im Bereich Camping!)
abgewickelte Kabeltrommel = 3000 bis 3220* Watt
nicht abgewickelt = 1000 bis 1300* Watt
Leitungsquerschnitt 2,5mm²
abgewickelte Kabeltrommel = 3000 bis 3600* Watt
nicht abgewickelt = 1000 bis 1900* Watt
*unterschiedlich bei den Herstellern, möglicherweise abhängig vom Kabeltyp und/oder eigene Einschätzung hinsichtlich Gefährdungshaftung
Ein besonders hohes Risiko gehen diejenigen ein, die auf der mitgeführten Kabeltrommel, Kabel mit einem Leitungsquerschnitt von 0,75mm² oder 1,0mm² aufgewickelt haben. Diese geringen Querschnitte stellen ein hohes Risiko für Leib und Leben dar!
Kürzlich bot mir ein überaus hilfsbereiter „WoMo-Kollege“ an, mein Kabel in seine Trommel zu stecken, weil die Steckdosensäule des StPl. voll ausgebucht war. Dieser gute Mann hatte auf seiner Kabeltrommel eine Zuleitung mit 1,0mm² Querschnitt aufgewickelt. Weil die Trommel nicht wasserdicht war, steckte sie in einem Plastiksack. Zusammengenommen waren das „gute“ Voraussetzungen für den Abbrand seines relativ neuen Wohnmobils.
Bester Schutz für die Gesundheit und dem eigenen Bankkonto ist die Nutzung eines Anschlusskabels, welches der Norm DIN VDE 0100-721, und den weiteren, unten aufgeführten Normen, entspricht und danach gilt:
Wer heute die Anschaffung einer Netzanschlussleitung auf einer Kabeltrommel plant, der sollte die nachfolgenden Kriterien berücksichtigen:
- Die maximal zulässige Kabellänge beträgt 25m. Längere Kabel sind nach der weiter oben zitierter Norm zum Anschluss von Campingfahrzeugen nicht erlaubt!
- Der vorgegebene Mindest-Leitungsquerschnitt gemäß DIN VDE 0100-721 beträgt 2,5mm². Die Bemessung des Querschnitts ist in Abhängigkeit von der max. Kabellänge von 25m sowie der unbekannten Länge der elektrischen Leitung von der Sicherung bis zur Steckdose festgelegt – eine elektrotechnische Anforderung.
- Schutzart nach DIN EN 60529 (IEC529/VDE 047 T1), mindestens IP44 (IP44 = Schutz gegen Fremdkörper > 1mm und gegen Spritzwasser aus beliebigem Winkel)
- Thermosicherung für Kabeltrommel, wiedereinschaltbar, < 60°C (bei Überlastung des Kabels wird der Stromfluss unterbrochen)
- Steckkontakt darf nur der blaue CEE Stecker gemäß IEC 60309-2 sein
- Für ein Anschlusskabel ohne Trommel gelten die Punkte 1., 2. und 5.
Auch vorhandene „alte Schätze“ sollten im Hinblick auf diese Informationen einmal überprüft und gegebenenfalls ausgetauscht werden. Wem eine Neuanschaffung zu teuer erscheint, sollte mindesten seine Versicherung fragen, ob bei Brandschaden durch unzureichendes Kabel eine Leistung erfolgt.
Freundlicher Gruß
Reinhold Stalgies